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Dr. Jochen Ludwig
Katalog "4 Hüppi", Museum für Neue Kunst Freiburg

Als Thaddäus vom Schreiner zum Bildhauer wurde, gab er den Bäumen die Verantwortung zurück. Bis dahin hatte er als Bau- und Möbeltischler Stämme zu Brettern zersägt, begradigt, verzapft und verleimt, um aus ihnen funktionstüchtige Objekte, Möbel, Gehäuse zu machen. Jetzt definierte er seinen Zuständigkeitsbereich neu und dachte ihn zunehmend als prinzipiell offenes, virtuelles Volumen, in dem instabile Architekturkommentare ebenso möglich waren wie der subversive Kunstdiskurs in Fanzine - Heften. Im Umgang mit seinem vertrauten Werkstoff schlug er nun die entgegen gesetzte Richtung ein. Während er früher das Zentrum des Baumes, den massiven Kern bearbeitet und zur benutzerfreundlichen Oberfläche machte, interessiert er sich heute für dessen Peripherie, läßt sich vom Wachstum der Äste mit ihren Krümmungen, Knorpeln und Seitentrieben leiten, die er als tektonisches und gestisches Gerüst für seine Bildwerke nutzt. Kaschiert, umwickelt und bemalt treten die Zweige nun in Interaktion mit unterschiedlichsten Materialien wie Ton, Gips, Glas oder Metall. Dieser bunte Kosmos aus skurrilen Erscheinungen verbindet größte handwerkliche Sorgfalt mit sprühender Phantasie und entkräftet jeden vorschnellen Eindruck von folkloristischer Bastelei.

Thaddäus umkreist und begleitet seine plastische Arbeit mit Zeichnungen und mit Übungen, die er Rumfummeln nennt und aus Papierresten filigrane Miniaturen entstehen. Mit besessener Beiläufigkeit verhilft er auch unerheblichsten Alltagsdingen, wie etwa einem von der Decke baumelnden Lampenkabel, zu vorstellungsreicher Verwandlung. So wirkt sein Atelier ein wenig wie die zeitgenössische Version spätmanieristischer Wunderkammern in der Alraunen zu Comic-Figuren mutiert und Voodoo- Beschwörungen auf Festplatten abgespeichert sind. Und dem empfindsamen Besucher könnte es durchaus passieren, daß er in dem so heiteren Treiben plötzlich einen der kleinen Kobolde verzweifelt um Hilfe rufen hört.

In einer Mischung aus maskenhafter Erstarrung und portraitähnlicher Aufgewecktheit grüßen diese fremdartigen Wesen mit ihren langen Nasen und verschmitzten Äuglein, sich selbst immer neu reproduzierend, aus ihrem Zauberreich und treten durch eine unerwartete formale Wendung unversehens über in den plastischen Bezirk. Beim Tasten und Tanzen im Raum verwandeln sie sich dann doch wieder mühelos zurück in pure Skulptur.


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